Resilienz – mehr als nur „aushalten“

ResilienzDer Begriff „Resilienz“ leitet sich vom englischen Wort „resilience“ = Spannkraft, Elastizität ab und bezeichnet die Fähigkeit, selbst in schwierigen Lebenskrisen und nach schweren Schicksalsschlägen wieder auf die Beine zu kommen. Es handelt sich also um eine Art Schutzschirm für die Seele.   Dabei geht es nicht nur darum, dass resiliente Menschen schlimme Dinge einfach nur „aushalten“. Es geht darum, dass sie an ihrer Person keinen Schaden nehmen und sich gut entwickeln, manchmal geradezu Kraft aus nicht so guten Lebensabschnitten beziehen. So – und das war die Theorie. So unterrichte ich es im

Dipl. Mentaltrainer

Und jetzt ist Corona, alles beherrschend, unsicher, Angst einflößend. Und statt – lasst uns zusammen rücken stehen die Panikverbreiter den Aluhutträgern unversöhnlich gegenüber. Für viele ist es gerade, als würde man aus einem Flugzeug springen und der Fallschirm öffnet sich nicht. Psychologen warnen vor schlimmen seelischen Folgen, schon Schulkinder kämpfen mit Depressionen. Und ich denke, um hier nicht mental vollkommen aus der Bahn geworfen zu werden, braucht es genau das – Resilienz.

Mit Resilienz ist es aber so wie mit Durst. Wenn man erst anfängt, einen Brunnen zu graben, wenn man schon durstig ist, hat man schlechte Karten. Die Widerstandskraft gegenüber dem Schicksal beginnt früher, im Grunde wohl schon in der Kindheit.

Die Resilienzforschung ist noch eine sehr junge Wissenschaft, dennoch konnte man einige Gesetzmäßigkeiten erkennen, warum manche Menschen, auch Kinder, Flüchtlinge, Opfer von Gewaltverbrechen, offenbar mit ihrer Situation besser zurecht kommen als andere.

Eine stabile Kindheit gehört sicher dazu, meine war wie aus einem Lindgren-Buch, „Ferien auf Bullerbü“. Auch eine Bezugsperson braucht es, jemanden, der einen auffängt, und das müssen nicht die Eltern sein. Bei mir war es meine Großmutter, die glücklicherweise noch bis in meine Erwachsenenjahre gelebt hat. Auch Vorbilder sind nicht schlecht, bei meinem Mann war das eindeutig sein Vater, der zweimal Stalingrad überlebt hat, Granatsplitter im Körper, immer Schmerzen, nie gejammert.

Ich sehe den Weg zu mentaler Stärke in sieben Schritten und vielleicht hilft das ja auch in Bezug auf die größte Krise, die die Welt seit dem 2. Weltkrieg zu bestehen hat:

  1. Das Gute sehen. Wie kann man das, wenn einem täglich bei einem Blick in die Zeitung gesagt wird, dass wir alle sterben werden? Nun, ich sage mir – bisher hab ich alles gut überlebt. Mein Mann und ich haben keine finanziellen Sorgen, auch wenn wir die Arbeit stark reduzieren. Und ich habe eine Arbeit, die ich reduzieren kann. Liegt aber vor allem daran, dass wir unsere Ansprüche jederzeit herunter fahren können. Wir sehen plötzlich die kleinen Wunder und wissen, es muss nicht die Weltreise sein, auf unserer Terrasse ist es auch schön. Wir können vielleicht Vorbild sein für andere, vor allem für unsere Kinder. Und, die Welt kommt auch ein wenig zur Ruhe und wird sich verändern.
  2. Sich stellen. Zu gern würde man die Situation verleugnen. Ist ja nur Grippe und es sterben nur die Alten. Was wenn nicht? Bringt mich ein Mundschutz wirklich um? Ich denke, er ist genauso wenig ein Einschnitt in meine persönliche Freiheit wie der Gurt im Auto. Und wie wurde über den geschimpft damals. Was kann ich ganz konkret tun, damit wir unbeschadet aus dieser Zeit heraus kommen? Ich, nicht „die Politiker“. Klopapier horten gehört definitiv nicht dazu.
  3. Handeln.Dies hängt eng mit Punkt 2 zusammen. Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass der Sturm weiter zieht, ja, kann klappen. Besser vielleicht –  auf meine eigene Gesundheit schauen. Gerade jetzt keine Unfälle provozieren, wenn die Situation in den Krankenhäusern eh schon angespannt ist. Gesunde Ernährung, weniger Alkohol, eben keine Menschenansammlungen. An meiner mentalen Stärke arbeiten. Die werde ich brauchen. Zum Handeln gehört aber auch für viele Firmen, sich neu aufstellen, überdenken, ob das, was ich da anbiete, in einer Zukunft nach Corona noch gebraucht wird.
  4. Ressourcen aufspüren. Welches sind meine Stärken oder in diesem Fall, die Stärken unserer Familie, unserer Firma. Wir können uns fokussieren, wir können reden miteinander, Kommunikation war immer wichtig für uns, wir haben Freunde und Familie. Wir lesen gern, wir können visualisieren und haben Übung in Meditation. Wir können uns gegenseitig Kraft geben und wissen aus früheren Krisensituationen unseres Lebens, dass wir stark sind.Aber auch – keine unnötigen Ausgaben derzeit, vielleicht Umstellungen in der Firma.
  5. Muster aufgeben. Resilienz heißt Flexibilität. Man hatte sich alles so schön vorgestellt. Jedes Jahr drei Flüge in den Süden, im Winter Ski fahren, Weihnachtsmärkte usw. Geht halt jetzt nicht, anderer Plan. Für mich heißt das derzeit auch, ich weiß noch nicht wirklich, wann ich wieder nach Kenia kann. Und ja, das schmerzt.
  6. Beziehungen eingehen und pflegen. Oh ja, unser Freundeskreis ist groß. Unter diesen Punkt fällt auch, Hilfe annehmen. Und Dank Facebook kann Hilfe auch ganz virtuell sein, indem Menschen, die man noch nie gesehen hat, Energie schicken. Es kann aber auch heißen, sich von Menschen zu trennen, weil die solch eine negative Energie verbreiten oder meine Intelligenz beleidigen, dass ich aus gesundheitlichen Gründen bremsen muss.
  7. An die Zukunft glauben. Wir haben das Vertrauen ins Leben nicht verloren. Vor allem glaube ich persönlich, mit unserem schneller, weiter, besser, noch mehr shoppen, noch mehr Geld ausgeben, hätten wird die Welt ohnehin irgendwann an die Wand gefahren. Jetzt erledigt das so ein Virus für uns. Und wie wir damit umgehen, sagt ganz viel über uns aus und nur sehr wenig über die jeweilige Regierung.

Nichts dauert ewig, sonst wären simple Zahnschmerzen unerträglich. Irgendwann ist es vorbei. Und wenn ich dann zurück denke, muss ich mir die Frage beantworten – kann ich stolz sein auf mich oder muss ich mich im Nachhinein noch genieren über die Art, wie ich mit einer Krise (und es ist kein Krieg, keine Verfolgung, keine Hungersnot, keine Folter, keine Apartheid, es ist nur Einschränkung) wie ich also mit der Situation umgegangen bin?

Die Anpassung an eine sich ändernde Umgebung nennt man Fitness. Und die wünsche ich uns allen.